Langgönser Landwirt setzt auf die Pappel als Energiepflanze der Zukunft

02.09.2010 00:00

Langgönser Landwirt setzt auf die Pappel als Energiepflanze der Zukunft

Langgöns (hjp). „In den vergangenen 50 Jahren sind die Erzeugerpreise für Getreide immer weiter gesunken, da muss man sich als Landwirt seine Gedanken machen, wie man von seinen Flächen weiterhin leben kann.“ Bauer Dieter Seip vom Taunusblick Langgöns will deshalb in der Energiewirtschaft mitmischen: Als einer der ersten Landwirten im Kreis Gießen hat Seip jetzt sein Energiepflanzen-Projekt gestartet. Auf zwei Schlägen mit insgesamt 2,5 Hektar Größe ließ Seip rund 12 500 Pappel-Stecklinge pflanzen, die ab 2013 zusätzlich Bares in des Bauers Säckel rieseln lassen sollen: „Drei Jahre brauchen die Bäume, dann sind sie erntereif und können nach einer Trocknungszeit zu Holzhackschnitzeln, also zu hochwertigem Brennstoff für private Heizungsanlagen oder auch Großfeuerungsanlagen verarbeitet werden.“ Nach den derzeitigen Preisen auf dem Holzmarkt ließen sich so je Hektar Ackerland in jeweils drei Jahren 1 500 Euro erzielen, hofft der angehende „Energiebauer“. Durchschnittlich 500 Euro Ertrag je Hektar und Jahr für die in Reih´ und Glied stehenden schnell wachsenden Bäumchen überflügeln den möglichen Ertrag beim Anbau von herkömmlichen Feldfrüchten erheblich. Hier werden, so Dieter Seip, etwa 300 Euro je Jahr und Hektar erzielt. Ein Betrag, der es für den einzelnen Landwirt erfordert, immer größere Flächen zu bearbeiten und so Maschinen- und Personalkosten je Hektar möglichst gering zu halten. „Damit ist ein Aussterben der in unserem Landstrich noch üblichen kleinteiligen Landwirtschaft vorprogrammiert,“ befürchtet der umtriebige Landwirt. Ein Anbau von Energiepflanzen wie der von ihm bevorzugten Pappel könnte hier einen Ausweg aus diesem Dilemma aufzeigen. Dabei habe dies noch einen ganz besonderen Reiz: „Die mit den Pappeln bepflanzten Flächen werden weiterhin als Ackerland anerkannt. Deshalb werden auch nach wie vor Zuschüsse durch die Europäische Union gezahlt.“ Bedenken, dass durch den Anbau von Energiepflanzen wie der Pappel immer mehr Flächen hierzulande der Lebensmittelproduktion entzogen werden teilt er für sich nicht: „Wir haben schon vor mehreren Jahren einen großen Teil unserer Landwirtschaft auf die Haltung von Pferden umgestellt, schon hier hat es keinen Anbau mehr von Lebensmitteln gegeben.“ Zudem schlage sich die Produktion von Energiepappeln positiv auf die Energiebilanz nieder. Während fossile Energiequellen bei ihrer Nutzung binnen kurzer Zeit über Millionen Jahre gespeichertes Kohlendioxid freisetzt, verhält sich die thermische Energienutzung von Holzhackschnitzeln aus schnell wachsenden Rohstoffen wie der der Pappel CO2-neutral: „Das bei der Verbrennung entstehende Klimakiller-Gas CO2 hat die Pflanze während ihres Wachstums der Luft entzogen. Im Gegensatz zur Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Öl und Kohle wird die Atmosphäre  nicht zusätzlich belastet.“ Zudem könne durch einen geschickten Anbau von hochwachsenden Energiepflanzen zum Beispiel als „Windbrecher“ an Feldrändern das Mikroklima positiv beeinflusst und somit der Ertrag von herkömmlich bewirtschafteten Flächen gesteigert werden. Und noch einen weiteren Vorteil macht Landwirt Dieter Seip aus: „Durch die relativ langen Standzeiten der Pflanzen von mindestens drei Jahren werden sichere Rückzugsräume für das heimische Wild geschaffen. Anders sieht dies bei der jetzt noch üblichen Bewirtschaftung  von Ackerland aus. Durch die schnelle Ernte von beispielsweise Raps verlieren Reh, Hase und Co. auch schnell ihre Deckung und müssen sich in Waldflächen zurück ziehen.“ Insgesamt, so der Langgönser Bauer Dieter Seip, könne der intelligente Einsatz von Energiepflanzen auf den Äckern für jeden einen Gewinn abwerfen – für den Bauern, der es in der Kasse spürt, für das Klima, dass nicht zusätzlich mit CO2 belastet wird und für das heimische Wild, dass verlässlichere Ruhezonen bekommt.
Text und Foto Hans-Joachim Petereit, Langgöns

02.09.2010